The Art of Arriving

Migration und Integration sind nicht nur Gegenstand der soziologischen Forschung, sondern auch ein zentrales Thema künstlerischer Praxis, die oft etablierte Perspektiven auf (erzwungene) Migration herausgefordert, neue Formen der Repräsentation jenseits ethnischer Zuschreibung entwirft oder Bilder alternativer sozialer Wirklichkeiten (und Utopien) bereitgestellt. Das zentrale Ziel des transdisziplinären Forschungsprojekts Die Kunst des Ankommens/The Art of Arriving – Reframing 'Refugee Integration' ist es, das transformative Potenzial der Kunst für die Soziologie der Migration und Integration auszuloten. Dies soll vor allem durch die Einrichtung eines Real-World-Laboratoriums geschehen, in dem Künstler*innen bei der Erschaffung von Kunstwerken und Rezipient*innen bei der Interpretation dieser ästhetischen Ausdrucksweisen soziologisch begleitet werden. D.h. es wird eine Gelegenheit der Kooperation geschaffen, in dem Wissenschaftler*innen und Nicht-Wissenschaftler*innen miteinander forschen, experimentieren und voneinander lernen.

(1) In einem ersten Schritt werden Kulturschaffende aus den Bereichen Musik, Literatur und Fotografie eingeladen, ihre Erfahrungen und ihre Wahrnehmung des Ankommens – verstanden als länger andauernder Prozess – in ästhetische Ausdrucksweisen zu übersetzen. Insgesamt sollen drei Teams rekrutiert werden, die sich aus je einer/m Künstler*in mit unmittelbarer Fluchterfahrung (Syrien), einer/m Künstler*in mit schon länger zurückliegender Fluchterfahrung (Ex-Jugoslawien) sowie einer/m Künstler*in ohne Fluchterfahrung zusammensetzen. Das Forschungsteam wird diese Künstler*innenteams begleiten und das gemeinsame Arbeiten beobachten und protokollieren.

(2) Die im Zuge des Prozesses entstandenen ästhetischen Ausdruckformen werden sodann im Rahmen von Gruppendiskussionen mit jeweils vier Teilnehmer*innen (Rezipient*innen) interpretiert. Die Auswertung dieser Interpretationsgespräche erfolgt mithilfe der dokumentarischen Methode.

(3) In einem letzten Schritt sollen dann die Erkenntnisse aus der Analyse des Produktionsprozesses sowie der Gruppendiskussionen an die Künstler*innen zurückgespielt werden. Auch die sich daraus ergebenden Diskussionen werden einer soziologischen Analyse unterzogen.

Insgesamt soll untersucht werden, inwiefern die mit der Schaffung und Rezeption von Kunstwerken verbundenen Prozesse der Bedeutungszuschreibung zum Überdenken und zur Weiterentwicklung von Konzepten der „Flüchtlingsintegration“ beitragen können und alternative Sichtweisen auf das Ankommen von Geflüchteten bereitstellen. Dass es neue Ansätze braucht, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das im 20. Jahrhundert entwickelte soziologische Instrumentarium für das Verständnis von Migration der Gegenwartsgesellschaft nicht gerecht wird. Konzepte wie „Assimilation“, „Akkulturation“ oder „Integration“ haben eingeschränkten analytischen Wert in einer postmigrantischen Gesellschaft, die durch Superdiversität und neue Mehrheit-Minderheit-Relationen geprägt ist. Indem auch die unterschiedlichen Logiken der Wissensproduktion im wissenschaftlichen und künstlerischen Feld sowie die Herausforderungen gegenseitiger Übersetzung zwischen Soziologie und Kunst in den Blick genommen werden, sollen die Potenziale sowie die Grenzen dieses transdisziplinären Ansatzes diskutiert werden.

Forschungsförderung

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